BUND UND LAND INVESTIEREN IN DIE BATTERIE-FORSCHUNG
CARL IST FERTIG!
Aachen. Wie lange hält eine Batterie? Das ist vor allem in Zeiten der Mobilitätswende eine entscheidende Frage. Antworten darauf und noch viel mehr gibt es künftig im CARL. Das im weltweiten Maßstab einmalige Forschungszentrum für Batterien und Leistungselektronik der RWTH Aachen wurde im Februar 2023 feierlich eröffnet und ist ein neues Highlight auf dem Aachener Campus Melaten.
Dürfen wir vorstellen?
CARL steht für “Center for Ageing, Reliability and Lifetime Prediction of Electrochemical and Power Electronic Systems”. Bauherr ist der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW (BLB NRW), Niederlassung Aachen. Das von Bund und Land finanzierte Forschungsgebäude mit 5.000 m² Nutzfläche bietet viel Platz für Büros, Werkstätten und Labore, um die Alterung, Lebensdauer, Sicherheit und Zuverlässigkeit von Leistungselektronik sowie Batterien zu erforschen. Das Ziel: Neue Materialien, effizientere Produktionsprozesse und kürzere Markteinführungszeiten. Für die schüsselfertige Erstellung des anspruchsvollen Neubaus zeichnete eine Arge bestehend aus DERICHSuKONERTZ (Arge Partner), Zechbau (technische Federführung) sowie Engie Deutschland (kaufmännische Federführung) verantwortlich. Bereits Mitte Juli 2022 wurde das Gebäude an den Bauherrn übergeben.
Herausforderung Zeit.
DEKO Projektleiter Adam Czapla bringt die größten Herausforderungen beim Bau von CARL so auf den Punkt: „Wir hatten einen spannenden Zeitplan, der unter allen Umständen eingehalten werden musste, da an bestimmte Jahre gebundene Fördergelder im Spiel waren.“ Große Forschungsgeräte mussten bis Ende 2021 eingebaut und getestet werden, damit die entsprechenden Summen fließen konnten. „Das komplette Bauteam der Arge Zechbau, DEKO und Engie hat sein Bestes gegeben, damit wir die Vorgaben erfüllen konnten“, erläutert Czapla. Und es habe geklappt. „Wir waren ein harmonisches Team, mit allen für eine Baustelle üblichen Ecken und Kanten“, ergänzt er mit einem Schmunzeln. Die zwischenmenschliche Basis habe gestimmt und das sei wichtig. „Jedes Gewerk hatte seine kleine eigene Herausforderung, die bewerkstelligt werden musste. Und so verlangten vor allem die anspruchsvollen Schnittstellen ein optimales Management, damit die ambitionierte Zeitschiene eingehalten werden konnte.“
CARL hat es in sich.
Besonderheiten habe CARL einige, fasst Czapla zusammen. „So weist beispielsweise die Außenfassade eine leichte Krümmung auf, die sich dem Straßenverlauf anpasst.“ Aber CARL habe es vor allem „in sich“, denn es beinhalte für die Labore und Werkstätten eine hochkomplexe Technische Gebäudeausstattung (TGA). „Drei Räume sind beispielsweise komplett mit Aluminium verkleidet, um Störsignale für die hochsensiblen Geräte zu verhindern.“ Und die Versorgungsleitungen wie Wasser, Strom, Gas, Lüftungen, Prozesskälte sowie Kommunikationsund EDV-Leitungen verdeckten beinahe vollständig die aus architektonischen Gründen gewünschte Sichtbetondecke.
Teamwork für den Erfolg.
Dass die Übergabe des schlüsselfertigen Projekts trotz aller Widrigkeiten doch nur ein halbes Jahr später als geplant erfolgte, führt Czapla auf die gute, vor allem frühzeitige Planung und die guten Kontakte zu den Lieferanten zurück. Alle am Bau Beteiligten hätten sich gegenseitig ausgeholfen, Teamwork im wahrsten Sinne. „Schließlich haben wir seit Baustart 2019 alle Wellen mitgenommen, angefangen mit Corona, Suez-Krise, Ukraine-Krieg und dem daraus resultierenden Baustoffmangel inklusive extremer Preissteigerungen, mehr geht nicht“, fasst der DEKO Projektleiter zusammen. Zeit habe man deshalb bei der Taktung verloren, vor allem der Halbleitermangel habe fast vier Monate gekostet. Seit Juli 2022 steht CARL. Ende gut, alles gut.
IM GESPRÄCH MIT DEN PROJEKTVERANTWORTLICHEN SANDRA LEYTHAEUSER UND KATRIN ODINIUS, BLB NRW, NIEDERLASSUNG AACHEN
CARL ist ein neues Highlight auf dem Campus Melaten. Was ist das Besondere an diesem Projekt?
„CARL war für alle Beteiligten ein anspruchsvolles Bauvorhaben. Schließlich galt es, eine hochkomplexe Bauaufgabe in kurzer Zeit und mit einem feststehenden Kostenrahmen umzusetzen. Als Forschungsgebäude wurde CARL zudem mit Landes- sowie Bundesmitteln gefördert und musste daher innerhalb eines bestimmten Förderzeitraums realisiert werden. Um die Komplexität des Projekts zu verdeutlichen: CARL beherbergt zehn Institute, alle weltweit führend in der interdisziplinären Batterieforschung. Als BLB NRW haben wir einige Erfahrung mit der Realisierung von Forschungs- und Laborgebäuden. Doch aufgrund der umfassenden und komplexen Laborstruktur war CARL schon eine außergewöhnliche Bauaufgabe. Viele der Räume haben hochspezialisierte Anforderungen, etwa die Reinraumlabore, Klimakammern oder Labore für Nanomikroskope, die keinerlei äußeren Einflüssen unterliegen dürfen. Daher wurden beispielsweise bereits in den frühen Planungsphasen auf Schwingungen und elektromagnetische Einflüsse spezialisierte Gutachter eingebunden, die uns einschließlich der Ausführungsplanung unterstützt haben.“
Während der Bauphase mussten Sie ja auch unterschiedliche Herausforderungen managen …
„...das ist richtig. Ein allein technisch so anspruchsvolles Bauvorhaben erfordert von Beginn an viel enge Abstimmung und Koordination. Deshalb mussten bei Projektstart erst einmal alle Beteiligten eine gemeinsame Basis finden, auf der die Zusammenarbeit im Projekt funktioniert. Nach einer durchaus anspruchsvollen Anfangsphase ist uns das gelungen – auch aufgrund des persönlichen Einsatzes aller Beteiligten. Hinzu kamen anfangs auch noch die Herausforderungen COVID-19-Pandemie, für alle Beteiligten eine völlig neue Situation. Doch die Koordination, Kommunikation und Kooperation haben sich stetig verbessert und im Ergebnis ist eine erfolgreiche Zusammenarbeit gewachsen.“
Das Fazit fällt also insgesamt positiv aus?
„So sehen wir das, denn am Ende zählt das Ergebnis. CARL steht, begeistert alle und wir sind sehr stolz, als BLB NRW für die RWTH Aachen ein solch spannendes und besonderes Bauprojekt mit all seinen Herausforderungen erfolgreich abgeschlossen zu haben! Das wurde bei der Eröffnungsfeier von CARL auch von allen Seiten deutlich kommuniziert. Der Erfolg hat viele Väter und Mütter. CARL war ein technisch sehr anspruchsvolles Bauprojekt und bleibt ein hochkomplexes Gebäude. Der erfolgreiche Abschluss war schlussendlich das Ergebnis von Teamwork. Ohne das Zusammenspiel und die Kooperationsbereitschaft von RWTH Aachen, BLB NRW und den beteiligten Unternehmen der Arge CARL hätte das Projekt nicht realisiert werden können.“
Wie würden Sie die Zusammenarbeit beschreiben?
„Aus unserer Sicht als BLB NRW war die Zusammenarbeit insgesamt konstruktiv, kooperativ und vor allem ziel- und lösungsorientiert. Den Fertigstellungstermin zu erreichen, stand für die Beteiligten im Fokus. Das Projekt erforderte viel Kommunikation und enge Abstimmung in allen Phasen. Uns hat das gezeigt, dass ein Forschungsbau dieser Größenordnung und Komplexität kein alltägliches Bauvorhaben ist. Auch wenn wir als BLB NRW zahlreiche Bauvorhaben für die Hochschulen in Aachen und in ganz Nordrhein-Westfalen realisieren. Auf diese besondere Aufgabe hat sich DERICHSuKONERTZ, genauso wie die anderen Arge-Unternehmen, gemeinsam mit uns eingelassen.“
Über das „Center for Ageing, Reliability and Lifetime Prediction of Electrochemical and Power Electronic Systems“ (CARL)
CARL ist ein sechs-geschossiger Neubau im Forschungscluster F am Campus-Boulevard in Aachen. Das Forschungsgebäude beinhaltet Büro- und Arbeitsflächen, sowie verschiedene Werkstätten, Prüfstände und Laborbereiche für rund 160 Personen. CARL besteht aus drei separaten Gebäudeteilen: Im Hauptgebäude befinden sich Büros und Labore, in einem zweiten Massivbau entstanden spezielle Prüflabore. Im dritten Gebäude wurde eine witterungsgeschützte offene Halle für austauschbare Raumzellen realisiert. CARL ist besonders. Hier steht in einem ganzheitlichen Betrachtungsansatz die komplette Prozesskette von der Herstellung bis zur Anwendung im Fokus, genauso wie der Lebenszyklus sämtlicher Materialien und Komponenten. CARL ist eine interdisziplinäre Forschungseinrichtung, an der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von zehn Kernprofessuren und rund 20 weiteren Lehrstühlen und Instituten der RWTH und des Forschungszentrums Jülich wegweisende Forschung betreiben können. Darunter befinden sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Disziplinen Chemie, Physik, Mathematik, Informatik oder Materialwissenschaft, Maschinenbau und Elektrotechnik.
Die ganze Story im Dekorianer Frühjahr 2023